Dank der gezielten Unkrautbekämpfung durch den Roboter wird 90% weniger Herbizid benötigt. © ecoRobotix

Innovative Schweizer Start-ups im Bereich «Green Tech»

Sie heissen ecoRobotix, Vivent und AgroSustain. Sie stammen aus der Schweiz, haben aber internationale Ambitionen. Sie arbeiten mit der Wissenschaft zusammen, um technologische Innovationen für eine nachhaltigere Landwirtschaft zu entwickeln. Wir stellen Ihnen drei Schweizer Start-ups im Bereich «Green Tech» vor.

Innovation, Wirtschaftswachstum und Umweltschutz vereinbaren – genau diese Herausforderung wollen ecoRobotix, Vivent und AgroSustain bewältigen. Die Jungunternehmen sind auf dem «Green Tech»-Markt tätig, auf dem seit etwa zehn Jahren technologische Lösungen im Dienst der Umwelt entwickelt werden. Ein Schlüssel zum Erfolg der «grünen» Start-ups ist sicher ihre Fähigkeit, zahlreiche Partner aus dem öffentlichen und dem privaten Sektor zusammenzuführen. Agroscope, das Kompetenzzentrum des Bundes für landwirtschaftliche Forschung, arbeitet mit EcoRobotix, Vivent und AgroSustain bei der Entwicklung von ökologischen Innovationen zusammen, welche die Lebensmittelproduktion revolutionieren könnten.

Durch Kommunikation über elektrische Signale können Pflanzen besser auf ihre Umwelt reagieren. © Vivent

Unkraut mit Robotern bekämpfen

Ein Roboter mit Solarantrieb, der sich mittels GPS selbstständig bewegt, sucht das Feld mit der integrierten Kamera nach Unkraut ab. Zwei Roboterarme sprühen eine Mikrodosis Herbizid auf das unerwünschte Kraut: Das kann der Roboter von ecoRobotix, einer Firma, die 2011 von Aurélien Demaurex und Steve Tanner gegründet wurde. Nach den Anfängen in der Scheune von Steve Tanner ging das Abenteuer im Innovationspark Y-Parc in Yverdon (VD) weiter. Verschiedene Finanzierungen ermöglichten es dem Start-up, das Team auf 20 Personen aufzustocken und mehrere Versionen des Roboters zu entwickeln. «Unser Ziel war es immer, die innovative Technologie in den Dienst der Umwelt zu stellen, um eine nachhaltigere Landwirtschaft zu fördern», erklärt Aurélien Demaurex. Dank der gezielten Unkrautbekämpfung durch den Roboter braucht es 90% weniger Herbizid; weitere Vorteile sind die geringere Bodenverdichtung und der Schutz der Bodenorganismen.

.
In Changins (VD) führt Agroscope Tests mit der Maschine von ecoRobotix durch. © Agroscope, Carole Parodi

 

Um die Effizienz des Roboters zu verbessern, arbeitet das Unternehmen mit Einrichtungen wie Agroscope und der Hochschule für Agrarwissenschaften in Zollikofen (BE) zusammen. «Gegenwärtig testen den kombinierten Einsatz des Roboters als Herbizidsprüher und Jätgerät», sagt Didier Pellet, Leiter der Forschungsgruppe Sorten und Anbautechnik von Agroscope. Dabei wird der Boden gelockert und das Unkraut entfernt, was dem Roboter die Arbeit erleichtert, weil er weniger oft anhalten muss, um die Herbiziddosis anzubringen. Agroscope entwickelt noch andere Robotermodelle für den Schutz der Kulturen: Diese Prototypen versprühen kein Herbizid, sondern vernichten das Unkraut mit heissem Wasser oder flammen es ab. «Die ersten Testergebnisse sind vielversprechend», freut sich Thomas Anken, der Leiter der Forschungsgruppe Digitale Produktion. Die Zusammenarbeit mit ecoRobotix bedeutet für die beiden Agronomen vor allem eine Gelegenheit, wissenschaftliche Erkenntnisse in die Praxis umzusetzen: Agrartechnologische Innovationen sollen konkret dem Umweltschutz dienen.

.
Der Roboter ist mit GPS und Kamera ausgestattet.
© ecoRobotix

Die Sprache der Pflanzen entschlüsseln, um deren Bedürfnissen besser gerecht zu werden

Eine Fliege wird durch den süsslichen Geruch der Venusfliegenfalle angelockt und landet auf dem Fangblatt der fleischfressenden Pflanze. Schon schnappt die Falle zu, die Beute ist gefangen. «Die blitzschnelle Reaktion der Venusfliegenfalle erklärt sich aus dem elektrischen Signal, welches das Blatt abgibt», erklärt Daniel Tran, Forscher bei Agroscope. «Auch die anderen Pflanzen haben die Fähigkeit, über Biosignale zu kommunizieren: Bei Bodentrockenheit z. B. leiten die Wurzeln die Information entlang dem Stängel nach oben, so dass die Pflanze den Wasserverlust begrenzen kann.» Pflanzen haben also ihre eigene Sprache, die das Start-up Vivent entschlüsseln will. Vivent hat das Gerät PhytlSigns entwickelt, das die biologischen Signale von Pflanzen interpretiert: Zwei auf einem Blatt angebrachte Elektroden messen die von der Pflanze generierte Elektrizität. Das elektrische Signal wird durch das Gerät verstärkt und in ein digitales Signal umgewandelt. Die Daten werden – ähnlich wie bei einem Kardiogramm – auf dem Bildschirm eines mit PhytlSigns verbundenen PCs oder Smartphones angezeigt.

.
Dank dem von Vivent entwickelten Gerät können wir die Sprache der Pflanzen verstehen.
© Vivent
 

 

«Zu Beginn hielten viele unsere Idee, die Biosignale von Pflanzen mit Sensoren zu analysieren, für vollkommen abwegig. Nicht so Agroscope», erinnert sich Carrol Plummer, CEO von Vivent. Mit der Unterstützung des Agroscope-Teams in Conthey (VS) hat das Unternehmen bewiesen, dass PhytlSigns in der Lage ist, die elektrischen Signale von im Gewächshaus angebautem Gemüse zu messen. «Agroscope konnte eine Brücke zwischen unserem Unternehmen und den Landwirtinnen und Landwirten schlagen, da es die Bedürfnisse beider Seiten versteht», erklärt die Mitbegründerin von Vivent. Die Technologie des Start-ups ist für Gemüsebaubetriebe sehr attraktiv. Die Biosignale der Pflanzen werden mithilfe von künstlicher Intelligenz dekodiert, bevor Insektenbefall oder Krankheiten von blossem Auge sichtbar sind. Dank dem Zeitgewinn kann man auf Pestizide verzichten und biologische Alternativen verwenden. «Gegenwärtig analysieren wir auch Daten zum Wasserbedarf von Gemüse, um die Bewässerung zielgenau einzustellen und diese natürliche Ressource, die im Gewächshausanbau besonders intensiv beansprucht wird, zu schonen», ergänzt Daniel Tran. In der nächsten Etappe soll die riesige Datenbank des Unternehmens erweitert und ein «Wörterbuch» erarbeitet werden, in dem das Gerät von Vivent nachschlagen kann, um die Sprache der Pflanzen richtig zu übersetzen.

Schimmel bekämpfen – weniger Lebensmittel verschwenden

Weltweit werden jährlich 1,3 Milliarden Tonnen für den menschlichen Verzehr bestimmte Lebensmittel weggeworfen, d. h. ein Drittel der gesamten Lebensmittelproduktion. Dies benötigt auch erhebliche Ressourcen – wie Wasser und Agrarland – und produziert so viel Treibhausgase, wie sie ein hypothetisches Land mit der drittgrössten Umweltverschmutzung weltweit verursachen würde. Das 2017 von der Biologin Olga Dubey, ihrem Mann Sylvain Dubey und dem Ingenieur Jean-Pascal Aribot gegründete Unternehmen AgroSustain hat sich dem Kampf gegen diese ökologische Herausforderung verschrieben. «Wir bieten eine Lösung gegen Nachernteverluste wegen Pilzkrankheiten wie Grauschimmel bei Obst und Gemüse», erklärt CEO Olga Dubey. AgroShelf+, die «Wunderwaffe» von AgroSustain, kombiniert die antimykotischen Eigenschaften von zwei Molekülen, die in Pflanzen natürlich vorkommen, um die Lagerfähigkeit von Lebensmitteln um etwa eine Woche zu verlängern. «Das Rezept bleibt natürlich geheim», sagt Olga Dubey lächelnd. Die Vermarktung des wohlgehüteten und international patentierten Geheimnisses ist ab 2022 geplant.

.
Olga Dubey, CEO von AgroSustain, mit Ehemann Sylvain Dubey und Jean-Pascal Aribot, den Mitbegründern des Unternehmens, sowie Sylvain Schnee, Forscher bei Agroscope.
© AgroSustain

 

Beim Kreuzzug gegen die Lebensmittelverschwendung arbeitet AgroSustain eng mit Agroscope zusammen: «Als Host von AgroSustain stellen wir die Infrastruktur für Experimente vom Labor bis zum Feld sowie wissenschaftliches Fachwissen zur Verfügung», so Katia Gindro, Leiterin der Forschungsgruppe Mykologie und Biotechnologie. AgroSustain und das Team von Agroscope arbeiten Seite an Seite in denselben Räumlichkeiten und tauschen Entdeckungen und Ideen aus, was zu Synergien führt. «Dank dieser Kooperation werden wir von der Forschungsgruppe von Katia Gindro und von der ganzen Wissenschaftsgemeinde unterstützt», ergänzt Olga Dubey. Auf die Frage, ob sie das Experiment mit anderen Start-ups wiederholen würde, antwortet Katia Gindro: «Unser Angebot entspricht einem echten Bedarf. Mit vereinten Kräften können wir neue umweltschonende Produkte viel schneller entwickeln und so zu nachhaltigeren landwirtschaftlichen Produktionsmethoden und zu qualitativ besseren Lebensmitteln für die Bevölkerung beitragen.

Olga Dubey and her team are perfecting AgroShelf+, a product that prevents fruit and vegetables from rotting, thanks to the expertise of Katia Gindro and Sylvain Schnee – in the foreground. © Agroscope
Dank dem Fachwissen von Katia Gindro und Sylvain Schnee (vorne) haben Olga Dubey und ihr Team das Produkt AgroShelf+ zur Vorbeugung von Schimmelpilz auf Obst und Gemüse weiterentwickelt.
© Agroscope