Ein Experte des Schweizerischen Korps für Humanitäre Hilfe in Sulawesi, Indonesia

Besseres Leben dank Schweizer Technologie

Technologie hat unser Leben schon immer beeinflusst. Heute wird sie zunehmend auch genutzt, um soziale, ökologische und wirtschaftliche Herausforderungen zu bewältigen. Die Schweiz setzt bei ihrem innovativen Ansatz in der Entwicklungszusammenarbeit auf Tech4good. In enger Zusammenarbeit mit Privatwirtschaft und Forschung sucht sie nach praktischen Lösungen, um die Menschen bei der Verbesserung ihrer Lebensbedingungen zu unterstützen.

Wie kann Technologie für das Gemeinwohl genutzt werden? Genau darum geht es bei Tech4good. Gemäss der in Grossbritannien ansässigen Plattform Tech For Good Global soll Technologie etwa eingesetzt werden, um Macht umzuverteilen oder Möglichkeiten zu schaffen, damit Menschen sich vernetzen oder ihre gesundheitlichen Bedürfnisse angehen können, um nur einige Beispiele zu nennen.
Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit arbeitet eng mit Schweizer Unternehmen, Start-ups, Universitäten und Forschungseinrichtungen zusammen, um technische Lösungen für die Herausforderungen in der Entwicklungszusammenarbeit zu finden. Hier einige Tech4Good-Projekte, die in der Schweiz entwickelt wurden: 

 

Experte des Schweizerischen Korps für Humanitäre Hilfe mit den tragbaren Stromboxen in Indonesien

Schweizer Hightech für asiatische Reisbauern

Im November 2015 forderten Überschwemmungen im indischen Bundesstaat Tamil Nadu über 300 Todesopfer und zerstörten die gesamte Reisernte. Rund 400 Reisbauern verloren ihre Lebensgrundlage. Dank innovativer, satellitengestützter Fernerkundungstechnologie konnten die Behörden den Schaden jedoch rasch abschätzen. Die Bauern erhielten bereits einige Tage nach den heftigen Niederschlägen 50 Tonnen Saatgut und 30’000 Setzlinge als Entschädigung. So konnten sie direkt nach der Katastrophe wieder mit dem Anbau beginnen. Die schnelle Entschädigung war möglich dank der 2011 lancierten öffentlich-privaten Partnerschaft  RIICE (Remote Sensing-Based Information and Insurance for Crops in Emerging Economies). RIICE fördert den Einsatz von innovativen Fernerkundungstechnologien zur Kartierung und Beobachtung der Reiskulturen in mehreren asiatischen Ländern, darunter Kambodscha, Indien, Thailand, Philippinen und Vietnam. An der Partnerschaft beteiligt sind die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit, das Schweizer Technologieunternehmen sarmap, die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), das Internationale Reisforschungsinstitut (IRRI), asiatische Regierungsorganisationen und die Versicherungsgesellschaft SwissRe. Die Schweiz ist eine wichtige Geberin und führt einen politischen Dialog mit den zuständigen Ministerien der reisproduzierenden Länder, um die Umsetzung der Technologie zu erleichtern. Alle Partner arbeiten zusammen mit dem Ziel, die Verletzlichkeit von Reisbauern in Ländern mit niedrigem Einkommen zu verringern.

EU satellite image processed by sarmap
Bild aufgrund von Daten des von der ESA betriebenen EU-Satelliten Copernicus Sentinel-1, Bearbeitung durch sarmap. Tamil Nadu, Indien, 2016. 
© Copernicus Sentinel-1

 

In ganz Asien leben Millionen von Kleinbauern vom Reisanbau. Für sie ist das Risiko, dass ihre Ernten durch Naturkatastrophen wie Überschwemmungen und Dürren zerstört werden, besonders gross. Während die humanitäre Hilfe die Opfer solcher Katastrophen häufig nicht sofort erreicht, kann RIICE die kleinen Reisbauern effizient unterstützen, so dass sie rasch entschädigt werden können, wenn die Reisernte ausfällt. Entscheidend ist dabei die Spitzentechnologie der Schweizer Firma sarmap: Auf Satelliten angebrachte Radarsensoren erfassen die Erdoberfläche in den Reisanbaugebieten und messen die von ihnen reflektierte Strahlung. Anders als bei optischen Satellitenmessungen funktioniert dieses wellenbasierte Verfahren bei jedem Wetter. Auf diese Weise können Reisfelder einfacher kartiert und längerfristig beobachtet werden. Versicherer erhalten wertvolle Informationen, die es ihnen erlauben, künftige Ernteerträge abzuschätzen.

Strom aus einer Schweizer Box

Am 28. September 2018 wurde die indonesische Insel Sulawesi von einem Erdbeben der Stärke 7,5 heimgesucht. Das Beben und der nachfolgende Tsunami forderten über 3400 Todesopfer. Die Region um die Stadt Palu wurde zu einem grossen Teil zerstört. Mehr als 220’000 Menschen wurden obdachlos. In Absprache mit der indonesischen Regierung entsandte die Humanitäre Hilfe der Schweiz ein Notfallteam, das Trinkwasser aufbereitete und Notunterkünfte bereitstellte. Zum ersten Mal stellten die Expertinnen und Experten der humanitären Hilfe eine innovative Technologie für die lokale Stromversorgung zur Verfügung: ein modulares Energiesystem, das für netzunabhängige Umgebungen entwickelt worden war. Dieses war sehr nützlich, da die Stromversorgung in Sulawesi unterbrochen und Treibstoff sehr knapp war. Die Module des Schweizer Unternehmens Power Blox liefern Solarenergie, die gelagert oder direkt genutzt werden kann. Das dezentralisierte System, das auf dem Schwarmprinzip beruht, erlaubt es, durch die Verbindung mehrerer Module ein Stromnetz zu errichten. Dafür ist kein spezifisches Know-how notwendig. Dank Power Blox konnten die lokalen Partner für die Chlorproduktion zur Wasserreinigung (WATA) geschult werden. Zudem lieferten die Boxen Strom für Laptops, Handys, Computer, Drucker und das mobile Wasser-Testlabor – alles unentbehrlich für eine erfolgreiche Nothilfe.

The portable power modules provide electricity through solar energy
Das modulare Energiesystem von Power Blox wird von humanitären Helfern in Sulawesi genutzt. © DEZA Humanitäre Hilfe

 

Die Verwendung des Power-Blox-Systems für die Wasserreinigung wurde im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft zwischen Power Blox und der Humanitären Hilfe des Bundes entwickelt, die zur Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit gehört. Die 2017 lancierte Kooperation zeigt, wie Entwicklungsexpertinnen und  experten und private Akteure innovative technologische Lösungen für humanitäre Notlagen erarbeiten können.

Innovative E-Governance für die Ukraine

Nach dem politischen Umsturz von 2014 leitete die ukrainische Regierung eine E-Governance-Reform ein, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Verwaltung zu stärken, die Korruption zu bekämpfen und die Bürgerbeteiligung zu erhöhen. Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit unterstützt die Reform mit einem von ihr entwickelten Projekt namens  E-Governance for Accountability and Participation (EGAP) , das innovative Lösungen im Bereich der Informationstechnologie vorsieht. Es läuft seit 2015 und wird von der  East Europe Foundation Ukraine und der Schweizer NGO Innovabridge umgesetzt. Das Projekt umfasst IT-Lösungen für eine rasche und transparente Unternehmensregistrierung sowie einen vereinfachten Online-Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen, der rund um die Uhr offensteht. Dank der erleichterten Verfahren erhielten 125’000 junge Familien, alleinerziehende Mütter, Behinderte und ältere Menschen Zugang zu Sozialleistungen. Viktoria Chirva, eine Mutter, die über die neue Regierungswebsite Geburtsgeld beantragte, war überrascht, wie einfach dies ging. «In 10 bis 15 Minuten waren die Formulare ausgefüllt, und sechs Tage später bekam ich das Geld.»
Um die Teilnahme am politischen Leben zu fördern, wurde ein lokales System für Online-Petitionen geschaffen, das von 183 Gemeinden eingesetzt wird. Das Interesse der Bevölkerung ist gross: Bereits 420’000 Personen haben die Plattform seit ihrer Eröffnung vor zwei Jahren genutzt.

Testing the new e-democracy tools set up by EGAP
Eine Familie im ukrainischen Dorf Kowaliwka in der Region Winnyzja nutzt das neue E-Democracy-Tool von EGAP. © Stiftung Innovabridge