Das Team von EnviCoPal präsentiert den Ausbildern während eines Besuchs in Palästina seine Wasserfilter.  © Cewas

Unternehmerische Innovation zum Schutz des Wassers

Soziales Unternehmertum ist ein innovativer Ansatz, um allen Menschen den Zugang zu sauberem Trinkwasser und einer hochwertigen Sanitärversorgung zu ermöglichen. Ein Sozialunternehmen ist eine Organisation, die in erster Linie soziale oder ökologische Ziele verfolgt. Das Innovationspotenzial dieser Firmen ist seit einigen Jahren weltweit anerkannt.

Die Schweiz gehört über die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) zu den ersten Ländern, die diesen innovativen Ansatz in der Entwicklungszusammenarbeit im Wassersektor gefördert haben.

Das CubeX-Team installiert sein Abwasserbehandlungssystem in einem ländlichen Gebiet im Libanon © Cewas

Soziales Unternehmertum: eine vielversprechende Ergänzung 

Das Ziel der Agenda 2030, die Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitärversorgung für alle zu gewährleisten (SDG 6), bleibt auch 2022 eine Priorität. Weltweit haben schätzungsweise 2,1 Milliarden Menschen noch immer keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und 80 Prozent der Abwässer werden ohne jegliche Aufbereitung in die Umwelt geleitet. Angesichts dieser anhaltenden Herausforderungen überprüfen die Akteure der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit die Wahl ihrer Mittel und Methoden. 

Lokales innovatives Know-how und Potenzial stellt eine wichtige Inspirationsquelle für Lösungen zur Bewältigung der Herausforderungen im Wasserbereich dar. Wassertechnologien werden von Ingenieurbüros entwickelt, sind aber auch das Ergebnis lokalen Erfindungsreichtums und kontextspezifischen Wissens, die oft über Generationen weitergegeben werden. Die Schweiz arbeitet seit zehn Jahren mit Sozialunternehmen zusammen, insbesondere im Wasserbereich. Dahinter steht der politische Wille, die schon länger bestehende Kooperation mit dem Privatsektor weiter auszubauen. In diesem Zusammenhang will die Schweiz im Rahmen ihrer Strategie der internationalen Zusammenarbeit 2021–2024 die Zusammenarbeit mit Sozialunternehmen verstärken. Sie unterstützt soziales Unternehmertum im Bereich Wasser und sanitäre Grundversorgung als Ergänzung zu traditionelleren Ansätzen, um das Menschenrecht auf Zugang zu Wasser und sanitärer Grundversorgung umzusetzen. Ihr Ziel in Bezug auf Sozialunternehmen ist es, sicherzustellen, dass deren Dienstleistungen, die oft mit hohen Produktionskosten verbunden sind, verbessert werden und gleichzeitig für die Bevölkerung erschwinglich bleiben. Laut Schätzungen fehlen in den Schwellenländern 100 bis 200 Milliarden US-Dollar für die Finanzierung von Sozialunternehmen. Das politische und wirtschaftliche Umfeld zur Unterstützung solcher Organisationen unterscheidet sich von Land zu Land erheblich. Die Schweiz bemüht sich, diese Lücke zu schliessen, indem sie einen Teil des Risikos übernimmt und versucht, Rentabilitätsnachweise zu erbringen, um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass auch klassischere Investoren einsteigen können.

Im Nahen Osten zum Beispiel unterstützt die DEZA finanziell die Bemühungen, ein Ökosystem für soziales Unternehmertum aufzubauen, indem sie die verschiedenen Phasen der Generierung, der Inkubation und des Vorantreibens von Ideen im Hinblick auf eine nachhaltige Wasser- und Sanitärversorgung fördert.

Der Landwirt, der mit Sennarah auf der hydroponischen Farm auf dem Dach des Gaza-Flüchtlingslagers in Jordanien arbeitet, veranschaulicht den Prozess des Anpflanzens von Petersilie © Cewas
Der Landwirt, der mit Sennarah auf der hydroponischen Farm auf dem Dach des Gaza-Flüchtlingslagers in Jordanien arbeitet, veranschaulicht den Prozess des Anpflanzens von Petersilie © Cewas

 

Innovation im Dienste der sanitären Grundversorgung: Beispiel Senegal

Christine Faye, eine junge Doktorandin im Bereich Abwasserentsorgung und Umweltstudien, hatte beobachtet, dass in ihrer Heimatstadt Fatick im Senegal feste und flüssige Abfälle nur unzureichend oder gar nicht bewirtschaftet wurden. Um diesen Missstand zu beheben, entwickelte sie mithilfe eines sozialen Start-ups einen autonomen Betrieb für Fäkalschlammmanagement und Kehrichtabfuhr. SIVICA ist ein Sanitärdienstleister in Fatick, der Klärgruben entleert und den Fäkalschlamm aufbereitet. Damit leistet das Unternehmen einen Beitrag zur Verbesserung der Lebensbedingungen und der Gesundheit der Bevölkerung und sichert langfristig Arbeitsplätze. 

Christine Faye, Sozialunternehmerin und Gründerin von SIVICA, die an einem Schulungsworkshop über autonome Abwasserentsorgung in Kamerun im Jahr 2021 teilnimmt © Dr Slame Photography
Christine Faye, Sozialunternehmerin und Gründerin von SIVICA, die an einem Schulungsworkshop über autonome Abwasserentsorgung in Kamerun im Jahr 2021 teilnimmt © Dr Slame Photography

 

Aus Abwasser lassen sich Wertstoffe zurückgewinnen, die zum Beispiel als organischer Dünger in der Landwirtschaft, als Asche im Bauwesen sowie zur Erzeugung von elektrischer Energie wiederverwendet werden können. Dies ist ein Schritt in Richtung einer Kreislaufwirtschaft, einem wichtigen Hebel für Wohlstand und die dauerhafte Schaffung lokaler Arbeitsplätze. Zur Verwirklichung ihrer Idee erhielt Christine Faye Unterstützung von Young Water Solutions, einer Organisation zur Förderung junger innovativer Unternehmerinnen und Unternehmer, die sich eine berufliche Existenz aufbauen und gleichzeitig dazu beitragen wollen, den Zugang zu einer qualitativ hochwertigen Wasser- und Sanitärversorgung für alle zu ermöglichen. Young Water Solutions ist einer der vielen Partner der DEZA, die zu den Pionierinnen unter den Entwicklungsagenturen im Bereich der Förderung des sozialen Unternehmertums zählt. 

SIVICA-LKW bei der Sammlung von Fäkalschlamm in Fatick © Christine Faye
SIVICA-LKW bei der Sammlung von Fäkalschlamm in Fatick © Christine Faye

 

Ein einzigartiges Ökosystem, um sozialen Fortschritt herbeizuführen

Soziales Unternehmertum ist eine vielversprechende Alternative, wenn es darum geht, innovative Lösungen zu entwickeln, für die lokale Gemeinschaften den Anstoss geben – insbesondere im Bereich des Zugangs zu Wasser. Die Schweiz setzt sich auf mehreren Ebenen für die Unterstützung von Sozialunternehmen ein. Erstens durch Schweizer Forschungszentren und Start-ups, die Teil eines Nord-Süd-Netzwerks für den Austausch von Wissen und Know-how sind. Zweitens indem sie auf eine starke Gemeinschaft von Impactinvestoren und philanthropischen Stiftungen zählen kann, die ausdrücklich Triebkräfte positiver gesellschaftlicher oder ökologischer Veränderungen sein wollen. Dieses Ökosystem ist international einzigartig und ergänzt die anderen Finanzierungsquellen, die Sozialunternehmen zur Verfügung stehen. Sozialunternehmen und der Privatsektor sind neben Regierungen und NGO komplementäre Partner, die durch Kooperationen gemeinsam zur Erreichung des SDG 6 beitragen können. Die 9. Ausgabe des Weltwasserforums, das vom 21. bis 26. März 2022 in Dakar stattfand, bot die Gelegenheit, künftige soziale und wirtschaftliche Modelle für einen nachhaltigen Zugang zu Wasser und sanitärer Grundversorgung zu diskutieren.

 

Titelbild: Das Team von EnviCoPal präsentiert den Ausbildern während eines Besuchs in Palästina seine Wasserfilter. Cewas