Birchermüeslis

Der Schweizer Frühstücksklassiker, der Weltruhm erlangte: das Birchermüesli

Es ist von keinem Schweizer Frühstückstisch oder Sonntagsbrunch wegzudenken – das Birchermüesli. Die Schweizer Spezialität ist aber längst auch weltweit in aller Munde und hat einen festen Platz auf den internationalen Frühstücksbuffets. Und doch kennen nur die wenigsten den Ursprung des weltbekannten Getreidebreis. Gehen wir also 100 Jahre zurück in der Geschichte und machen die Bekanntschaft mit dem Schweizer Arzt Oskar Bircher-Benner – Erfinder des Schweizer Superfoods.

Man nehme einen Esslöffel (EL) Haferflocken, weiche diese während zwölf Stunden in 3 EL Wasser ein, mische 1 EL gezuckerte Kondensmilch sowie den Saft einer halben Zitrone darunter. Dann raffle man einen grossen Apfel mitsamt Schale und Kerngehäuse und mische dies unter den Brei. Zuletzt streue man 1 EL geriebene Nüsse darüber, und fertig ist das Birchermüesli nach Doktor Maximilian Oskar Bircher-Benner.

Eine moderne Interpretation des Birchermüeslis © Dani Rendina

Die Anfänge der «Apfeldiätspeise»

Bekannt wurde das Birchermüesli ursprünglich als die «Apfeldiätspeise». Sie wurde um 1900 vom Schweizer Arzt Maximilian Oskar Bircher-Benner (1867–1939) entwickelt und in seinem Sanatorium «Lebendige Kraft» am Zürichberg als leicht bekömmliches Abendessen serviert. 

Maximilian Oskar Bircher-Benner
Maximilian Oskar Bircher-Benner, der Entwickler des originalen Birchermüeslis

 

Es war Teil seiner Rohkost-Diät zur Behandlung seiner eigenen Gelbsucht und von Magenproblemen seiner Patienten, darunter auch Prominente wie Thomas Mann oder Hermann Hesse. Er war überzeugt, dass gekochte und behandelte Lebensmittel ungesund für den menschlichen Körper seien. 

Sanatorium Lebendige Kraft
Sanatorium Lebendige Kraft


 «D’Spys», schweizerdeutsch für «die Speise», sollte seinen Gästen eine Vollwertdiät mit frischem Obst näherbringen. Zumal der Verzehr von unbearbeiteter pflanzlicher Rohkost per Ende des 19. Jahrhunderts in Verruf gekommen war und sogar gemieden wurde. Obst wurde fast ausschliesslich in Obstwein und Schnaps verwandelt. Leute mit heiklem Magen haben frisches Obst aus Angst vor Infektionen komplett weggelassen, obwohl sie es laut Bircher-Benner am ehesten bedurft hätten. Fleisch wurde in der bürgerlichen Gesellschaft als wichtigster Energielieferant angesehen und nicht Früchte oder Gemüse, weil sie angeblich zu wenig Nährwerte enthielten.
Bircher-Benner soll seinerseits auf einer Bergwanderung in den Alpen von diesem Mahl inspiriert worden sein, als ihn eine Sennerin mit dieser Rohkostmahlzeit bewirtet hatte. Alphirten sollen dieses Abendessen schon seit mehreren Hundert Jahren zu sich genommen haben. 
Bircher-Benner liess demnach einen alten Brauch wieder aufleben, denn die Zutaten entsprechen dem seit jeher bekannten «Vierklang» aus Obst, Nüssen, Milch und Haferflocken. Besonders in obstreichen Gegenden war dies ein häufiges Abendessen. Die Zutaten des Urmüeslis wurden allerdings nicht zerkleinert und auch nicht bereits in der Küche zusammengerührt. 

'Lebendige Kraft' sanatorium
Die Küche des Sanatoriums «Lebendige Kraft», wo das Originalmüesli erstmals zubereitet wurde

«Müesli» mit «e»

An dieser Stelle eine kurze Begriffserklärung: Müesli leitet sich von der Verkleinerungsform des Wortes «Mues» im Schweizer Dialekt ab, also standardsprachlich «Mus». Denn der Fokus lag im Originalrezept auf den frisch geriebenen Äpfeln mit Schale und Kerngehäuse und nicht, wie man heute annehmen würde, auf den in Wasser eingelegten Haferflocken. Der Vergleich mit einem Apfelmus liegt nahe. Die bekannte Schreibweise von Müesli mit «e» ist für die Schweizerinnen und Schweizer von grosser Bedeutung, um eine Verwirrung mit dem Wort «Mäuschen» sprich «Müsli» im Schweizer Dialekt zu vermeiden.

Ein populärer Energielieferant 

Ab den 1940er- und 1950er-Jahren wurde das Birchermüesli in Schweizer Privathaushalten regelmässig zum Abendessen aufgetischt. Auch in öffentlichen Institutionen wie Heimen oder beim Militär wurde es öfters serviert. Mit der steigenden Popularität, wichen die Rezepte schnell vom Original ab. Die gewöhnlichen Haferflocken wurden durch industrielle Getreidemischungen ersetzt, und aufgrund des geringeren Risikos einer Erkrankung an Tuberkulose, trat an die Stelle der Kondensmilch öfters Joghurt, Milch oder Rahm. Ursprünglich als einfaches Mahl gedacht, wird es heute gerade wegen seiner Vielfalt geschätzt, und es gibt unzählige Varianten mit weiteren Zutaten wie z. B. Schokolade, Kokosraspeln oder anderen Früchten. 
Auch heute noch gilt das Birchermüesli als sogenanntes «Functional Food», sprich als Nahrungsmittel, das mit zusätzlichen Inhaltsstoffen angereichert wird und einen positiven Effekt auf die Gesundheit haben soll.  

Bircher Muesli
Traditionelles Birchermüesli


Originalrezept
•    1 Esslöffel Haferflocken, in 3 Esslöffel Wasser über Nacht einweichen 
•    1 Esslöffel gezuckerte Kondensmilch 
•    Saft einer halben Zitrone
•    2–3 kleine oder 1 grosser Apfel samt Schale und Kerngehäuse
•    1 Esslöffel geriebene Nüsse